Vom Feld auf den Tisch, eine Wissenschaft für sich
Dieser Artikel ist der dritte unserer Serie „Vom Feld auf den Tisch, eine Wissenschaft für sich“, die in regelmäßigen Abständen im Magazin Les vergers Boiron und in unserem E-Newsletter erscheint. Diese Serie, unter der Aufsicht von Corinne Tisné, F&E Projektleiterin Les vergers Boiron, möchte das Bewusstsein schärfen für die Verflechtung von Wissenschaft, Landwirtschaft, Kultur (im doppelten Sinne des Wortes) und der für die Fruchtverarbeitung eingesetzten Techniken, und wie diese Faktoren die Gastronomie, die Patisserie und die Mixologie beeinflussen.
Wir haben diese Serie mit dem Thema Terroir gestartet und mit der Fortpflanzung der Früchte weitergeführt (Link). Diesmal möchten wir die komplexen und äußerst unterschiedlichen Komponenten der Früchte in ihrer einzigartigen Vielfalt untersuchen.
Nr. 3 - DIE UNTERSCHIEDLICHEN FRUCHTFORMEN
In unserem letzten Artikel „Alles, was Sie über Früchte wissen müssen“ haben wir gesehen, dass die befruchtete Blüte sich in eine Frucht verwandelt, um den Samen zu nähren und zu schützen und so die Fortpflanzung der Pflanze sicher zu stellen.
In der Natur ist es im Kreislauf der Fortpflanzung Aufgabe der Frucht, sich von der Pflanze zu lösen und auf den Boden zu fallen. Die Fruchthülle verrottet und gibt den Samen frei, der nun keimen und eine neue Pflanze hervorbringen kann.
Wenn die Frucht ihren kompletten Reproduktionszyklus nicht abschließen kann, wird sie entweder von Tieren gefressen oder von Menschen gepflückt. In unserem Verständnis als Nahrungsmittel und umgangssprachlich bezieht sich der Begriff Frucht generell auf den essbaren Teil der Pflanze, der aus der befruchteten Blüte entsteht.
Spricht man dagegen mit einem Botaniker, so wird er uns sagen, dass das, was wir als Frucht verzehren, das Fruchtfleisch, der Samen an sich, eine Nährstoffreserve für den Samen oder auch der Schutz des Samens sein kann. Schauen wir uns näher an, wie sich eine Frucht entwickelt und aus was sie besteht.
"Am Anfang, nach der Befruchtung, bildet sich aus dem Fruchtknoten das Perikarp, welche einen oder mehrere Samen umschließt. Von Innen nach Außen besitzt eine Frucht folgende Elemente, die unterschiedlich ausgeprägt und geformt sein können:
- Der oder die Samen
- Das Endokarp ist die innere Schicht. Es kann verholzt sein und bildet dann den Kern oder Stein.
- Das Mesokarp ist die fleischige oder markige mittlere Schicht.
- Das Exokarp ist die äußere Schicht und bildet die Schale, die Außenhaut."
Fungiert das Mesokarp als Nährstoffspeicher, ist die Frucht fleischig und saftig. Dies trifft zu bei den Drupa, bei denen ein Stein einen Samen umschließt (daher Steinfrüchte, z.B. Kirsche, Pflaume, Pfirsich, Aprikose...) Auch Beeren mit einem fleischig-saftigen Fruchtmark und darin frei eingelagerten Kernen gehören hierzu (Trauben, Johannisbeere, Zitrusfrüchte...).
Ist das Mesokarp trocken und marklos, haben wir es mit einer Trockenfrucht zu tun (auch bekannt als Hülsenfrucht). Pflanzen können Samenschoten bilden, wie z.B. die Erbse oder das Silberblatt. Man kann auch das Fruchtfleisch um die Samen herum verzehren, wie zum Beispiel bei der Tamarinde. Einmal ausgereift, öffnen sich diese Früchte und geben den Samen frei.
Erdbeeren sind keine Beeren, aber was soll‘s!
Andere Früchte umschließen ihren Samen nicht, sondern tragen ihn außen. So bei der Erdbeere, einer Sammelnussfrucht. Was wir Erdbeere nennen, ist der beträchtlich angeschwollene, fleischige Fruchtträger, auf dem kleine Nüsschen (Achaenen) sitzen. Die eigentliche Frucht ist die Nuss! Die Erdbeere als solche ist also eine Scheinfrucht!
Bei der Ananas haben wir einen Beerenfruchtverband. Wir verzehren das saftige Fruchtfleisch, das die kleinen Samen der Einzelbeeren umschließt, nachdem die schuppenförmige Außenhaut entfernt ist. Brombeeren oder Himbeeren zählen zu den komplexen Früchten, da sie aus mehreren einzelnen Steinfrüchtchen zusammengesetzt sind.
Weitere komplexe Sammelfrüchte sind zum Beispiel die Äpfel, bei denen sich die eigentliche Frucht, der Samen, im Kerngehäuse befindet. Was wir aber verspeisen ist der zur fleischigen Frucht herangewachsene Blütenboden.
Gar nicht so einfach, wie Sie sehen. Bei all diesen Überlegungen kann einem der Kopf schwirren. Behalten wir lieber unsere gute Laune und danken wir der Natur für ihre Überschwänglichkeit. Erinnern wir uns wieder vergessener Sorten, selbst wenn sie Kerne haben, seltsam aussehen oder befremdlich gefärbt sind.
Seltsame Früchte
Übrigens, kennen Sie die folgenden Früchte? Wissen Sie, was man davon verzehrt?
Akee oder Aki, die Nationalfrucht Jamaikas. Die Akee ist nicht im Ganzen genießbar. Nur der fleischige Samenmantel (Arillus) ist essbar. Der Rest der Frucht und auch die Samen sind giftig. Die Frucht sollte nur voll ausgereift geerntet werden, wenn sie sich von selbst öffnet. Sie sollte frisch sein und nicht überreif. Unreife und überreife Früchte sind ebenfalls giftig. Selbst reife Früchte können Vergiftungen auslösen, die zu Erbrechen (Jamaican vomiting sickness) und Unterzuckerung (Hypoglykämie) führen.
Die Akebia Quinata (Klettergurke/Schokoladenwein) ist in China, Korea und Japan heimisch.
Ihre Blüten verströmen einen angenehmen Schokoladenduft.
Die reife Frucht der Akebia öffnet sich und zeigt regelmäßig angeordnete Samen von dunkelbrauner Farbe. Das geschmacklose gallertartige Fruchtmark wird mit der Reife angenehm süß und saftig. Es erinnert an Banane, Litschi und Passionsfrucht, für die besten Kultivare.
Sogar die Außenschale der Frucht ist genießbar. Genauer gesagt, sie wird von vielen frittiert verzehrt. Im Gegensatz zur Frucht hat die Schale einen leicht bitteren Geschmack.
Auf den tropischen Inseln im Pazifik isst man sehr ungewöhnliche Früchte mit farbenfrohen „Stacheln“.
Bevor Sie aus den Blättern gelöst wird, erinnert die Hala-Frucht ein wenig an eine große grüne Ananas. Im geöffneten Zustand erblickt man einen weißen harten Mittelteil, auf dem Dutzende stachelförmige, gelb, orange und rot schillernde Beeren sitzen. Das faserige Fruchtfleisch erinnert an Ananas und wird mehr gekaut als gegessen.
Aus Hala macht man ebenfalls ein Getränk, wobei die Frucht zu Mehl verarbeitet und mit Wasser gemischt wird. Die Blätter des Baums dienen zum Aromatisieren von Currys und Konfitüren."
Wir beenden unsere kleine Reise mit der Frucht der schwarzen Sapote.
Der Geschmack und die Farbe der Frucht ähneln Schokolade. Gelegentlich wird sie daher auch als Schokoladenpudding-Frucht bezeichnet. Sie wird auf unterschiedliche Weise verzehrt. Die schwarze Sapote wird oft mit Milch oder Orangensaft gemischt, um die Schokoaromen zu verstärken, oder ohne Zubereitung ausgelöffelt. Genauer wird die schwarze Sapote häufig in Schaumspeisen und Gebäcken verwendet, die als Grundzutat Schokolade benötigen.
Na, sind Sie neugierig geworden?